Neue Binnenmarktstrategie der Kommission – Fokus: Wettbewerbsrecht
Link zur Strategie: The Single Market: our European home market in an uncertain world – European Commission
Am 21. Mai 2025 hat die EU-Kommission ihre bereits angekündigte neue Binnenmarktstrategie vorgelegt. Die Veröffentlichung erfolgte in Form einer Mitteilung der Kommission, die bisher nur in englischer Fassung vorliegt. In der neuen Strategie legt die Kommission dar, wie der Binnenmarkt gestärkt und bestehende Hindernisse für Handel und Investitionen abgebaut werden können. Dabei konzentriert sich die Kommission auf die aus ihrer Sicht bestehenden zehn größten Hindernisse, darunter auch komplexe EU-Vorschriften. Mit der neuen Strategie will die Kommission u. a. kleine und mittlere Unternehmen bei ihrer Geschäftstätigkeit und Expansion unterstützen und Unternehmen durch Förderung der Digitalisierung entlasten. Außerdem werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, ihren Beitrag zur Stärkung des Binnenmarkts zu leisten
Benennung der zehn größten Hindernisse in der Binnenmarktstrategie:
Aus Sicht der Kommission zählen dazu eine zu komplizierte Unternehmensgründung und -führung, komplexe EU-Vorschriften und mangelnde Eigenverantwortung der Mitgliedstaaten. Als weitere wesentliche Hindernisse nennt die Kommission eine nur begrenzte Anerkennung von Berufsqualifikationen, fehlende gemeinsame Normen und fragmentierte Vorschriften für Verpackungen. Für den Binnenmarkt hinderlich seien ferner mangelnde Produktkonformität, restriktive und divergierende nationale Vorschriften für Dienstleistungen, aufwändige Vorschriften für die Entsendung von Arbeitnehmern in risikoarmen Sektoren sowie ungerechtfertigte territoriale Lieferbeschränkungen, die zu hohen Preisen für Verbraucher führen.
Fokus: Wettbewerbsrecht:
Die bereits als eines der größten Hindernisse für den Binnenmarkt von der Kommission identifizierten territorialen Lieferbeschränkungen im Einzel- und Großhandel (vgl. S. 16 der Binnenmarktstrategie) werden als Beschränkungen klassifiziert, die von bestimmten großen Herstellern auferlegt werden und die es Einzelhändlern sehr schwer oder unmöglich machen, Produkte in einem Mitgliedstaat zu kaufen und in einem anderen weiterzuverkaufen. Dies würde der Auswahl, dem Preiswettbewerb und dem grenzüberschreitenden Handel schaden. Die Kommission stellt zwar fest, dass das Wettbewerbsrecht generell ein wirksames Instrument sei, um solche Praktiken zu ahnden – das aber nur, wenn sie das Ergebnis von Vereinbarungen oder einseitigen Praktiken marktbeherrschender Unternehmen seien. Viele Praktiken würden jedoch dann nicht unter das Wettbewerbsrecht fallen, wenn der Verursacher dieser Praktiken keine marktbeherrschende Stellung einnehmen würde. Die Kommission kündigt an, Maßnahmen zu ermitteln, um gegen solche „Angebotsbeschränkungen seitens bedeutender Marktteilnehmer
vorzugehen, wenn sie zu ungerechtfertigten Preisunterschieden führen, die sich nicht durch objektive Faktoren wie regulatorische oder Kostenunterschiede zwischen den Mitgliedstaaten“ erklären ließen. Sie äußert die Absicht, Instrumente zur Bekämpfung ungerechtfertigter territorialer Lieferbeschränkungen zu entwickeln, die über die
vom Wettbewerbsrecht erfassten Praktiken hinausgehen, wie z. B. einseitige Praktiken von
großen Herstellern. Einen Vorschlag will sie im 4. Quartal 2026 vorlegen.