Scroll Top

HDE-Meinungsbeitrag: Mehr Wettbewerb beim Pressevertrieb

HDE Wettbewerb Pressevertrieb

Presse-Grossisten erbringen für den Einzelhandel wichtige Serviceleistungen. Zahlreiche, insbesondere kleinere, Einzelhändler nehmen diese Dienstleistungen gern in Anspruch. Allerdings stellt sich die Frage, ob die geltende gesetzliche Absicherung des Presse-Grosso-Systems in § 30 GWB noch zeitgemäß ist.

 

Pressevielfalt und Überallerhältlichkeit von Presseerzeugnissen basieren in erster Linie auf einer großen Anzahl von Presse führenden Einzelhandelsgeschäften. Sie können allein von diesen Handelsunternehmen sichergestellt werden. Um die Erreichung dieses Ziels auch in Zukunft langfristig gewährleisten zu können, ist die Eröffnung einer Wettbewerbssituation im Pressegroßhandel aber unumgänglich. Die Regeln des § 30 GWB zielen daher mit den Ausnahmen vom Kartellverbot in die falsche Richtung, weil sie mit problematischen Wettbewerbsbeschränkungen verbunden sind.

 

Tatsächlich manifestiert die gesetzliche Regelung der Gebietsmonopole wegen der damit verbundenen Wettbewerbsbeschränkung in der Praxis gravierende Qualitätsprobleme im bestehenden Presse-Vertriebssystem und gefährdet damit à la longue die breite Verfügbarkeit von Presse-Erzeugnissen im Einzelhandel. Erforderlich ist daher mehr Wettbewerb im Pressegroßhandel. Die Neutralitätspflicht, welche allen Verlagen und Presseerzeugnissen einen freien Marktzugang gewährleisten soll, ist als wichtiges Kriterium des Pressevertriebs zwar anzuerkennen. Auch die Bedeutung der Pressefreiheit und der damit verbundenen „Überallerhältlichkeit“ von Presseprodukten sollen nicht in Frage gestellt werden. Gleichzeitig ist die „Überallerhältlichkeit“ allerdings – auch im Lichte der vielfältigeren Medienlandschaft unter Berücksichtigung der bestehenden Online-Angebote der Verlage – neu zu bewerten.

 

Wie auch die Rechtsprechung (LG Köln, Urteil vom 14.02.2012, Az. 88 O 17/11) festgestellt hat, ist es durchaus fraglich, ob das bestehende Presse-Grosso-System mit seinen Gebietsmonopolen zur Gewährleistung der Pressefreiheit erforderlich ist. Der Gesetzgeber sollte daher in dieser Legislaturperiode prüfen, ob und ggf. welche milderen Mittel zur Sicherung der Pressevielfalt zur Verfügung stehen. Dabei sollten Wettbewerbsbeschränkungen mit ihren negativen Folgen im Hinblick auf Service und Qualität, die mit dem bestehenden Monopolsystem zwangsläufig verbunden sind und mit den Regeln des § 30 GWB billigend in Kauf genommen werden, in Zukunft vermieden werden.

 

Insbesondere sollte umfassend geprüft werden, ob nicht auch direkte Verhandlungen zwischen Einzelhandel und Verlagen alternativ zum Grosso-Vertrieb ohne Schaden für die Pressefreiheit aus wettbewerbspolitischen Gründen wünschenswert sind.

 

Privacy Preferences
When you visit our website, it may store information through your browser from specific services, usually in form of cookies. Here you can change your privacy preferences. Please note that blocking some types of cookies may impact your experience on our website and the services we offer.