Europäische Kommission veröffentlicht informelle Beratungsschreiben mit kartellrechtlichen Orientierungshilfen
Pressemitteilungen der EU-Kommission:
- Kartellrecht (Lizenzverhandlungsgruppe)
- Kartellrecht (Nachhaltigkeitsvereinbarung)
Die Europäische Kommission hat am 9. Juli 2025 die ersten beiden Beratungsschreiben auf Grundlage der 2022 überarbeiteten Bekanntmachung über informelle Orientierungshilfen (Bekanntmachung: Publications Office) verschickt. Die Bekanntmachung ermöglicht es Unternehmen, die Kommission um informelle Orientierungshilfen zu neuen oder ungelösten Fragen zur Anwendung der EU-Wettbewerbsvorschriften zu ersuchen.
Bei den beiden Beratungsschreiben handelt es sich um Orientierungshilfen
- für die Gründung einer Lizenzverhandlungsgruppe für standardessenzielle Patente in der Automobilindustrie, insbesondere für digitale Konnektivitätstechnologien wie 5G. (Initiatoren: BMW, Mercedes-Benz, Volkswagen, Thyssenkrupp), sowie
- zu einer Nachhaltigkeitsvereinbarung zur Senkung der CO 2-Emissionen in europäischen Häfen durch die gemeinsame Beschaffung elektrischer Container-Umschlaganlagen und die gemeinsame Festlegung technischer Vorgaben für solche Anlagen (Initiator: APM Terminals (Maersk-Gruppe).
In beiden Fällen kam die Kommission zu dem Schluss, dass kein Grund für kartellrechtliche Bedenken besteht, sofern die Unternehmen in ihren Vereinbarungen gewisse Vorkehrungen treffen.
Beim Fall der Lizenzverhandlungsgruppe für standardessenzielle Patente sah die Kommission unter diesen Voraussetzungen keine kartellrechtlichen Bedenken:
- Begrenzte Marktabdeckung: ALNG-Mitglieder dürfen max. 15 % der Gesamtnachfrage auf dem relevanten Markt ausmachen.
- Offene Teilnahme: Auch andere Marktteilnehmer (z. B. Zulieferer) dürfen beitreten.
- Freiwilligkeit: SEP-Inhaber können frei entscheiden, ob sie mit der Gruppe oder individuell verhandeln.
- Informationssicherheit: Kein Austausch wettbewerblich sensibler Daten.
Beim Fall der Nachhaltigkeitsvereinbarung sah die Kommission keinen Anlass zu kartellrechtlichen Bedenken, sofern bestimmte Vorkehrungen getroffen werden:
- Bündelung der Nachfrage: Senkt Kosten und erhöht Planbarkeit für Anbieter.
- Technische Mindestvorgaben: Fördern Interoperabilität zwischen Ladeanlagen.
- Keine Wettbewerbsverzerrung: Die Vereinbarung darf keine Marktabschottung bewirken.
Die Kommission betont, dass solche informellen Beratungsschreiben weiterhin nur in Ausnahmefällen erteilt werden und es keinen Anspruch darauf gibt.