Genehmigung des deutschen Industriestrompreises in Brüssel?
Union und SPD wollen energieintensive Unternehmen mit einem Industriestrompreis entlasten. Das geht aus dem Koalitionsvertrag hervor: (Verantwortung für Deutschland – Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD). Im Koalitionsvertrag heißt es dazu: „Für die anderweitig nicht weiter zu entlastenden energieintensiven Unternehmen führen wir im Rahmen der beihilferechtlichen Möglichkeiten eine besondere Entlastung (Industriestrompreis) ein. Dazu gehört auch, die energieintensiven Verbraucher ohne Flexibilisierungspotenzial wie bisher zu entlasten. Darüber hinaus werden wir die Gasspeicherumlage für alle abschaffen“ (Rz. 963ff).
Am 19. Mai 2025 hat sich Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche mit der EU-Vizeexekutivpräsidentin und Wettbewerbskommissarin Teresa Ribera in Berlin getroffen. Beihilferechtlicher Konfliktstoff betraf insbesondere die Maßnahmen zur Bezuschussung der Netzentgelte, die Ausschreibung von 20 GW an Gaskraftwerken und den Industriestrompreis. Laut einer als Verschlusssache eingestuften Leitungsvorlage im BMWE, die vom Handelsblatt herangezogen wird, wird die Gefahr gesehen, dass insbesondere der „Industriestrompreis“ – nach Anmeldung in BXL – nicht nach beihilferechtlichen Kriterien genehmigt werden könnte. In BXL sind zudem die Vorbehalte, insbesondere seitens der der Benelux-Staaten, erheblich, wie die Presse berichtete (vgl. Handelsblatt vom 20.04.25, https://www.handelsblatt.com/100129190.html?utm_medium=sh&utm_campaign=teilen&utm_source=email&utm_term=web)
Ein Industriestrompreis wäre EU-rechtlich demnach als Beihilfe anzusehen. Allerdings existiert in dem bestehenden beihilferechtlichen Regelwerk derzeit dafür kein Genehmigungstatbestand, so dass auf den Auffangtatbestand in Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV zurückgegriffen werden müsste, welcher der KOM sehr viel Ermessen belässt.
Das BMWE versucht offenbar darauf hinzuwirken, jetzt noch schnell ein entsprechendes Narrativ in dem bereits am 25. Juni zu verabschiedenden neuen Beihilferahmen „Clean Industrial State Aid Framework“ (CISAF) im Kontext des Clean Industrial Deal unterzubringen. Im Clean Industrial Deal (CID) formuliert EU-KOM selbst das Ziel, die Energiepreise für die energieintensiven Industrien zu senken. Aus der Wirtschaft kamen zuletzt Aufrufe, temporäre Entlastungen bei Gas- und Strompreisen für energieintensive Industrien zuzulassen (z. B. BDI, vgl. Artikel).